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Beabsichtigen Organisationen miteinander zu netzwerken, dann haben sie dafür ähnliche Gründe wie Einzelne: Sie wollen ihre Anliegen nach vorne bringen und als Organisation sichtbarer und erfolgreicher sein. Dazu müssen organisationsübergreifende Netzwerke und Kooperationsbeziehungen aufgebaut und gepflegt werden. Das Leitmotiv dazu ist: Gemeinsam sind wir stärker!
Koopkurrenz
Wenn das so einfach wäre, denn der Organisationen gibt es viele und sie stehen zueinander in Konkurrenz um Aufmerksamkeit, Mitglieder, Finanzmittel, Einfluss …
Und: ihre Mitglieder identifizieren sich mit ihrer Organisation. Sie gibt ihnen eine Heimat, wie früher die Stammeszugehörigkeit.
Wollen nun Organisationen miteinander netzwerken, geht das nur mit Kooperation an Stelle von Konfrontation, mit Koopkurrenz – Kooperieren in und trotz der Konkurrenz.
Identität
Und das, obwohl ein wesentlicher Aspekt von Organisationen ihre Identität ist. Sie geht mit hoch-emotionalen Begriffen wie ‚Stamm‘ und ‚Heimat‘ einher, wie sie Daniel Shapiro 2018 in seinem Buch „Verhandeln. Die neue Erfolgsmethode aus Harvard“ beschreibt.
Das Harvard-Konzept aus den 1980ern ist ja bereits recht bekannt. Schon damals ging es um Win-Win-Ergebnisse zum größtmöglichen beiderseitigen Nutzen unter Berücksichtigung auch der menschlich-emotionalen Belange.
Neben rationalen und emotionalen Differenzen bringt das neue Modell von Shapiro nun einen dritten Aspekt mit ins Spiel: beim Verhandeln geht es im Kern um Identität. Diese zeigt sich in Glaubenssätzen, Ritualen, Loyalitäten, Werten und Prägungen. Wenn diese verletzt werden, sind Probleme programmiert und die Kooperation in der Konkurrenz wird schwer bis unmöglich.
Dabei geht es sowohl um die individuelle Identität eines Menschen, als auch um die Identifikation mit der Gruppe, der sie oder er angehört, denn damit wird ein menschliches Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit gestillt.
Die Gruppe definiert sich allerdings nicht nur durch die Bildung von Gemeinsamkeiten, sondern auch durch Abgrenzung gegen andere, wie auch aus der Gruppendynamik weithin bekannt; Gruppen formieren sich nicht nur durch interne Regelungen und Bindungen, sondern auch in der Abgrenzung nach außen.
Abgrenzung
Im Allgemeinen funktioniert diese Abgrenzung im Sinne des eher männlich geprägten Sieg-Niederlage-Modells. Es geht um Wettbewerb und Macht.
Wie grenzen sich Frauen ab? Es wird ihnen nachgesagt, sie stebten nach Harmonie. Bekannt sind aber auch Konkurrenz unter Frauen, Neid und hämischer Klatsch.
Ebenso wie bei Individuen gibt es auch bei Gruppen einen Königsweg und der heißt: Selbstsicherheit und Respekt.
Selbstsicherheit und Respekt
Im Nicht-Kampf mit der Gewissheit über die eigene Richtigkeit und Stärke den anderen Respekt zu zollen für ihre jeweils andere Identität, das ist Diversity im Sinne von Wertschätzen der Unterschiede und es ist ein Ansatz, der nicht nur Frauen gut tut.
Dieser progressive Weg setzt also in besonderem Maße die Selbstsicherheit voraus. Denn ohne sie sind Rückzug und Abschottung zu beobachten, statt Offenheit für Kooperation und Gemeinsames.
Es muss daher sichergestellt sein, dass die Gruppenmitglieder, die nach außen netzwerken und an Kooperationsbeziehungen zu anderen Gruppen bauen, sich des Wertes und der Besonderheiten ihrer eigenen Organisation sehr bewusst sind und dies im gemeinsam vereinbarten Sinne, z.B. durch regelmäßige Arbeit an Zielen, Leitbild, Geschichte und Erfolgen.
Leitsätze für das Netzwerken von Organisationen
Netzwerken heißt also für Organisationen: selbstsicher und respektvoll zum gegenseitigen Erfolg zusammenarbeiten. Leitsätze dafür können sein:
- Netzwerke ermöglichen es unserer Organisation, ihre Anliegen nach vorne zu bringen, denn gemeinsam sind wir stärker.
- Wir sind uns der Einzigartigkeit unserer Organisation bewusst und kooperieren daher angstfrei mit der Konkurrenz.
- Wir respektieren die Identität unserer NetzwerkpartnerInnen und suchen nach dem Verbindenden.
Das gelingt umso besser, je wichtiger uns die Ziele sind, die wir für unsere Organisation erreichen wollen. - Bestehende Verbünde, Plattformen, Aktionstage, Mitgliedschaften, Jahrestage / Jubiläen, … bieten Anknüpfungspunkte.
Im April 2019 war Dr. Marita Alami als Expertin eingeladen, das Treffen von Hauptamtlichen eines bundesweiten Verbandes zum Thema „Netzwerken im und für den Verband“ zu bereichern. Dabei wurde auch auf die Auswirkungen von Rollenklischees auf das Netzwerkverhalten von Frauen und Männern eingegangen (siehe dazu: Die Kunst des Netzwerkens).