Die Zukunft des Ehrenamtes aus Frauensicht – Freiwilliges Engagement, Bürgerinnenbeteiligung, neue Netzwerke

Das Frühjahrstreffen des AKF Köln am 19. April 2016 in Kooperation mit der Melanchthon-Akademie Köln war ein voller Erfolg. Der Expertinnen-Vortrag von Sibylle Picot, München, zu Art und Umfang freiwilligen Engagements von Frauen in den unterschiedlichsten Bereichen sowie zu Trends und neuen Entwicklungen brachte viele Erkenntnisse und Anregungen:

  • Frauen sind etwas weniger als Männer in Gruppen, Vereinen, Organisationen aktiv (2009 F 69% zu M 74%). An diesem Unterschied der Geschlechter hat sich in 10 Jahren wenig geändert.
  • Wesentlich deutlicher ist der Unterschied beim freiwilligen Engagement (32% zu 40%).
  • Engagement und Aktivität haben zugenommen, besonders bei Personen ab 60 Jahren, bei Frauen noch stärker als bei Männern.
  • Das Engagement von Frauen zeigt für die verschiedenen Altersgruppen eine viel stärkere Abhängigkeit von Familienphasen. Freiwilliges Engagement bedeutet für erwerbstätige Frauen in der Familienphase eine Dreifachbelastung aus freiwilliger öffentlicher, beruflicher und familiärer Arbeit. Sie können offensichtlich weniger Zeit für ein Engagement erübrigen.
  • Frauen sind auch in der Zivilgesellschaft in Leitungsfunktionen deutlich unterrepräsentiert.

Den gesamten Vortrag finden Sie auf www.akf.koeln.

Dr. Marita Alami war als Vorsitzende des AKF Köln (Arbeitskreis Kölner Frauenvereinigungen, gegründet 1909) an die renommierte Sozialforscherin Sibylle Picot herangetreten, weil diese die geschlechtsspezifischen Unterschiede im freiwilligen Engagement über lange Jahre erforscht hatte:

„Das traditionelle ‚Ehrenamt‘ beruht auf der Mitgliedschaft in Vereinen, Verbänden und großen gesellschaftlichen Organisationen wie Kirchen, Parteien und Gewerkschaften. Es ist zumeist ein Amt, in das man gewählt wird und sich verpflichtet, es einen gewissen (meist mehrjährigen) Zeitraum auszuüben. Neue Formen des ‚freiwilligen Engagements‘ oder der ‚Freiwilligenarbeit‘ finden eher statt in selbstinitiierten Projekten und Initiativen, häufig mit zweck- oder zeitgebundener Perspektive. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die geringere Verbindlichkeit der Teilnahme. Diese Verbindlichkeit hat eher den Charakter einer subjektiven Verpflichtung.“ (Picot 2001, zitiert nach Gender Datenreport, Kap. 6.6.1).

„Geschlechtsspezifische Unterschiede lassen sich auf verschiedenen Ebenen verorten: die Verbreitung bestimmter Engagementformen, deren thematische Orientierungen, deren Zeitumfang und die eingenommene Position (Leitungsfunktion) variieren mit dem Geschlecht.“ (Quelle: Gender Datenreport, Kap. 6.6.1, abgerufen am 01.03.2016)

Der Gender Datenreport des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt, „dass Männer häufiger freiwillig engagiert sind als Frauen; Frauen werden häufiger lediglich gemeinschaftlich aktiv, ohne zusätzlich freiwillige oder ehrenamtliche Arbeiten zu übernehmen. Der Anteil der freiwillig engagierten Männer liegt 2004 bei 39 Prozent und der der Frauen bei immer noch beachtlichen 32 Prozent.“ (ebd.) „Das freiwillige Engagement von Frauen stieg zwischen 1999 und 2004 um zwei Prozentpunkte, das der Männer stagnierte auf höherem Niveau.“ (ebd.)

„Bei der Analyse des freiwilligen Engagements in unterschiedlichen Altersgruppen zeigen sich zusätzlich aufschlussreiche Veränderungen der Beteiligung von Frauen und Männern.“ (ebd.)

„Bei den Männern der beiden jüngsten Altersgruppen von 14 bis 34 Jahren hat das freiwillige Engagement 4 Prozentpunkte abgenommen, bei den Männern bis 64 Jahren stagnierte es oder nahm nur leicht zu.“ (ebd.) „In der Gruppe der über 65-jährigen Männer vergrößerte sich der Personenkreis der freiwillig Engagierten deutlich um 6 Prozentpunkte.“ (ebd.)

„Die Entwicklung des freiwilligen Engagements von Frauen ist nahezu gegenläufig: Zwar stagnierte das freiwillige Engagement der Frauen unter 24 Jahren, bei den 25- bis 34-Jährigen gab es jedoch Zuwächse von 5 Prozentpunkten und bei den 35- bis 44-Jährigen immer noch von 3 Prozentpunkten. Besonders deutlich ist die Vergrößerung des Anteils der bürgerschaftlich engagierten Beteiligung von Frauen bei den 55- bis 64-Jährigen, die im Vergleich zu 1999 2004 um 8 Prozentpunkte häufiger freiwillig engagiert waren.“(ebd.)